“Stellt euch folgende Situation vor: Ihr werdet alarmiert, weil eine Person in den Rhein gestürzt ist. Es ist also Eile geboten. Ist das ein Fall, in dem ihr auf dem Weg in den Einsatz über eine rote Ampel fahren dürft?”, fragt der Polizeihauptkommissar. Die Helferinnen und Helfer des THW, die an diesem Abend im Schulungsraum ihres Ortsverbands sitzen, um ihr Wissen über Sonder- und Wegerechte aufzufrischen, sind sich einig. Der Fall ist klar. Je schneller die Einsatzkräfte am Gewässer ankommen, desto besser stehen die Chancen, den Menschen retten zu können.
In solchen und ähnlichen Fällen dürfen Einsatzkräfte des THW sogenannte Sonder- und Wegerechte in Anspruch nehmen. Sonderrechte bedeuten, dass sie von Vorschriften der Straßenverkehrsordnung abweichen dürfen – etwa, indem sie wie im genannten Beispiel bei Rot eine Kreuzung überqueren. Allerdings, schränkt der zweite anwesende Polizeihauptkommissar ein: “Das ist nicht pauschal bei jedem Einsatz so. Und auch nicht auf dem ganzen Weg. Ihr müsst ständig neu entscheiden, ob es gerechtfertigt ist.”
Das Wegerecht beschreibt im Unterschied zu den Sonderrechten, dass andere Verkehrsteilnehmende Einsatzfahrzeugen Platz machen müssen, wenn sie mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs sind. Es wird auch als Recht auf “freie Bahn” bezeichnet.
Aber auch die “freie Bahn” gibt Einsatzkräften nicht das Recht, rücksichtslos zu fahren. Was die beiden Polizeibeamten bei ihrem Vortrag mehr als einmal betonen: Auch wenn klar ist, dass die Einsatzkräfte Sonder- und Wegerechte in Anspruch nehmen dürfen, weil höchste Eile geboten ist, müssen sie vermeiden, andere zu gefährden oder zu schädigen. Sonder- und Wegerechte entbinden also nicht von Haftungs- und Sorgfaltspflichten. Ein guter Hinweis für die THW-Kräfte, die sich bislang noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben, etwa weil sie selbst nicht am Steuer sitzen. Für alle anderen war es eine wichtige und kurzweilig vorgetragene Wiederholung.